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Warum Trauerbegleitung manchmal nicht reicht
Warum Trauerbegleitung manchmal nicht reicht

Warum Trauerbegleitung manchmal nicht reicht

Wenn alte Muster den Heilungsprozess blockieren

Manchmal scheint es, als würde die Trauer einfach nicht enden wollen. Ein ewiger Schmerz. Du hast den Verlust angenommen, du hast dich durch die Wellen des Schmerzes gekämpft, und doch fühlt es sich an, als ob du immer wieder zurückfällst. Es ist, als würdest du festhängen. Und da ist etwas Wahres dran.

Es nicht nur der aktuelle Verlust, der uns blockiert. Manchmal ist es etwas anderes, zum Beispiel Trauer, die wir in der Vergangenheit nicht verarbeitet haben. Es ist, als würde der aktuelle Verlust oben drauf kommen und die Seele schreit: „Ich kann nicht mehr“. Oder es sind alte Muster, die uns grundsätzlich daran hindern, Emotionen zuzulassen und zu heilen. Oder es sind ungeheilte Verletzungen, aus alten Beziehungen und unverarbeiteten Trennungen. Manchmal ist das wirklich wie der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. „Ich habe keine Ahnung, wo ich das noch hinstecken soll“, ruft es in einem.

Warum es manchmal nicht reicht, „nur“ den Verlust zu betrauern

Wenn du merkst, dass du aus deiner Trauer einfach nicht herauskommst, könnte es daran liegen, dass alte Themen die Trauerarbeit blockieren. Vielleicht spürst du, dass da noch mehr ist – unerfüllte Bedürfnisse oder ungelöste Konflikte, die ebenfalls Aufmerksamkeit brauchen

In solchen Momenten wird es schwer, wirklich weiterzukommen. Du kannst den Verlust nicht „loslassen“, weil du gleichzeitig versuchst, alte Wunden zu heilen. Und genau hier ist der Punkt, an dem es hilfreich sein kann, den Blickwinkel zu erweitern und zu erkennen, dass mehr nötig ist, als „nur“ den Verlust zu betrauern.

Coaching oder Therapie – wann ist eine Entscheidung fällig?

Der Unterschied zwischen Coaching und Therapie ist nicht immer einfach zu erkennen, aber es gibt wichtige Anzeichen. Schauen wir kurz drauf:

1. Anhaltende, nicht veränderbare Muster

Wenn Menschen in der Problemschleife oder in Emotionen hängen bleiben, ohne eine nennenswerte Veränderung zu erfahren, könnte das ein Zeichen sein, dass es ein tieferliegendes Thema gibt. Dann drängen sich Ängsts, Scham oder Selbstzweifel in den Vordergrund.

2. Traumatische Erfahrungen

Wenn der Verlust und die Trauer einen Menschen übermäßig belasten oder in eine ständige „Überlebenshaltung“ versetzen (wie bei posttraumatischen Belastungsstörungen oder ähnlichem), reicht Coaching nicht aus. Hier ist Therapie notwendig, um diese traumatischen Erlebnisse in einem geschützten, heilenden Rahmen zu bearbeiten.

3. Schwierigkeiten, emotionale Blockaden zu überwinden

Coaching kann dir helfen, durch rationale Denkmuster und Strategien deine Probleme zu überwinden. Wenn emotionale Blockaden so tief sitzen, dass sie sich nicht durch einfache Coaching-Techniken auflösen lassen, wird es notwendig, tiefer zu graben.

4. Starke Selbstwertprobleme oder das Gefühl der „inneren Leere“

Coaching arbeitet mit Zielsetzung und praktischen Lösungsansätzen. Wenn jedoch Themen wie Selbstwert, Identität oder eine konstante innere Leere im Vordergrund stehen, braucht es therapeutische Arbeit, die auf die Wurzeln dieser Probleme eingeht.

Therapie ist also dann notwendig, wenn es darum geht, in tiefere emotionale Ebenen vorzudringen. Wenn ich als Coach merke, dass die Trauer nicht das Einzige ist, das belastet, ist es für mich an der Zeit, professionelle therapeutische Hilfe zu empfehlen.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ich erinnere mich an einen Klienten, der zu mir kam, weil er um einen Freund trauerte. Wir arbeiteten zunächst an seiner Trauer, an der Akzeptanz des Verlusts, an den Erinnerungen und der neuen Realität ohne den Freund. Doch während der Sitzungen stellte sich schnell heraus, dass diese Trauer nicht die einzige Belastung war, die er mit sich trug.

Er hatte bereits sehr früh in seinem Leben tiefe emotionale und körperliche Verletzungen erfahren – vor allem durch seinen Vater, der ihn oft entwertete und emotionale Bedürfnisse nicht erfüllte. Diese Themen prägten nicht nur seine Beziehungen, sondern auch sein ganzes Selbstbild. Was er also als „Trauer“ empfand, war in Wahrheit auch eine Vermischung von alten ungelösten Themen aus seiner Kindheit. Es war an der Zeit, die alten Wunden zu heilen. Ich empfahl ihm, therapeutische Begleitung in Anspruch zu nehmen.

Trauerarbeit ist nicht immer auch Trauerverarbeitung

Es ist wichtig, den Unterschied zwischen Trauerarbeit und Trauerverarbeitung zu verstehen. Trauerarbeit unterstützt dich dabei, durch den Prozess der Trauer zu navigieren – sie ist wie ein Kompass, eine Orientierung und bietet emotionale Unterstützung, einen sicheren Raum und hilft, den Verlust anzunehmen. Sie ist ein wertvoller Teil des Heilungsprozesses.

Trauerverarbeitung ist das Ergebis oder das Ziel, auch, wenn es jetzt etwas nüchtern klingt. Sie bedeutet, den Schmerz vollständig zu durchleben und zu integrieren, die Wunden zu heilen und das Leben mit dem Verlust neu zu gestalten. Es bedeutet, sein Leben wieder in die Hand nehmen zu könne, ohne zu vergessen. Das setzt ein Maß an innerer Stärke und Resilenzfähigkeit voraus. Es erfordert den Mut und die Fähigkeit, sich seinen tiefsten Schmerzen zu stellen und gleichzeitig wieder Raum für Neues zu schaffen.

Etwas zum Schluss:

Wenn du dich beim Lesen angesprochen fühlst und merkst, dass deine Trauer von alten, ungelösten Themen blockiert wird, ist es wichtig, diesen Moment ernst zu nehmen. Es ist keine Schande, Hilfe zu suchen – im Gegenteil: Der Schritt zu therapeutischer Unterstützung ist ein mutiger Akt der Selbstfürsorge und ein wesentlicher Teil des Heilungsprozesses. Manchmal braucht es einfach die richtige Unterstützung zur richtigen Zeit, um alte Wunden zu heilen und wieder vollständig ins Leben zurückzufinden.

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